Freitag, 27. Januar 2017

Zuckmayers Bellman-Theaterstück


1938 mündete Carl Zuckmayers Begeisterung für Bellman in sein Theaterstück „Carl Michael Bellman“. Es sollte in Wien, im Theater in der Josefstadt, uraufgeführt werden. Am 11. März 1938 fand eine erste Probe statt – mit Schauspielern wie Paula Wessely, Attila Hörbiger, Anton Edthofer und Ernst Lothar als Regisseur.
Weitere Proben und eine Aufführung sollte es in Wien nicht geben, da in der Nacht darauf die Ereignisse ihren Lauf nahmen, die unter dem Begriff „Anschluss Österreichs“ in die Geschichte eingegangen sind. Lothar, der auch Direktor des Theaters war, wurde zum Rücktritt gezwungen; Zuckmayer floh ein paar Tage später in die Schweiz.

Im November 1938 hatte das Bellman-Stück schließlich seine Uraufführung im Zürcher Schauspielhaus: am 17.11.1938 unter dem Titel „Musik und Leben des Carl Michael Bellman“.
Am Sonntag vor der Premiere gab es dort zur Einführung eine Matinee, in der der Berner Professor Hans Fehr einen Vortrag über den „Villon des schwedischen Rokoko“ hielt, und Zuckmayer Bellman-Lieder zur Gitarre vortrug.
Marion Wünsche spielte die erste „Ulla Winblad“, Regisseur der Uraufführung war Leopold Lindtberg, Dramaturg Kurt Hirschfeld, Oskar Wälterlin der Theaterdirektor.

1939 emigrierte Zuckmayer in die USA, aber immer wieder beschäftigte er sich gedanklich mit dem Stück. s. in einem weiteren Blog

Schließlich überarbeite er es und benannte es um in „Ulla Winblad oder Musik und Leben des Carl Michael Bellman“. Am 17. Oktober 1953 wurde es mit großem Erfolg im Deutschen Theater in Göttingen unter der Leitung von Heinz Hilpert uraufgeführt. Schauspieler waren u.a. Carl Raddatz als Bellman und Brigitte Horney als Ulla Winblad.

Im selben Jahr wurde auch eine Hörspielfassung des Stückes für das Radio produziert. Mitwirkende waren u.a. Paula Wessely als Ulla (die auch schon in Wien dabei sein sollte), O.E. Hasse als Bellman, Maria Becker (Gräfin Schröderheim), Bum Krüger (Mollberg) und Siegfried Lowitz (Appelstubbe).

Eine starke Nachwirkung hatten das Stück und die Zuckmayerschen Bellman-Übertragungen durch die Veröffentlichung der Schallplatte mit Carl Raddatz. Dieser hatte ja in Göttingen die Figur des Bellman auf der Bühne gespielt und sang die Lieder in einer schauspielerisch geprägten Art. Raddatz‘ Popularität (vor allem durch seine Theater- und Filmarbeit) brachte der Platte eine große Verbreitung.
Auch heute noch sagen viele deutsche Bellman-Freunde, dass diese für sie die erste Berührung mit Bellman war und Grund für ihre Beschäftigung mit dem Dichter und ihre Begeisterung für seine Lieder ist.
Insofern ist es Zuckmayers Verdienst, die Bellman-Rezeption in den deutschsprachigen Ländern in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich beeinflusst zu haben.

Noch etwas zum Inhalt des Stückes:
Im Nachwort zu seinem Theaterstück schreibt Zuckmayer, dass seinen Lied-Texten die Übersetzungen von Felix Niedner und Hanns von Gumppenberg zugrunde liegen. Teilweise hat er sie auch „im Sinn Bellmanscher Inhalte völlig neu gestaltet“. Dasselbe kann man wohl auch für die Handlung des Stückes sagen, die von viel dichterischer Freiheit zeugt.